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Anti Pattern im Projektmanagement

Noch immer scheitern zu viele Projekte oder erreichen ihre Ziele nicht. Dafür gibt es viele Gründe, die zwischenzeitlich eigentlich hinreichend bekannt sein dürften. So glaubt man. In der Praxis begegnen einem jedoch immer wieder die gleichen Fehler. Das sind Vorgehensweisen oder Lösungsansätze, die schädlich für den Erfolg eines Projekts sind. Dafür gibt es einen Begriff „Anti Pattern“ (Anti-Muster), also in etwa frei übersetzt: „Wie sollte man es nicht machen“. Im Gegensatz dazu stehen die Patterns (Muster), welche allgemein übliche und bewährte Vorgehensweisen und Lösungsansätze beschreiben.

Die Ursachen hinter einem Anti Pattern kann in zu wenig Wissen, Erfahrung, falschem Anwendungsbereich, internem machtpolitischen Verhalten, Kompetenzgerangel etc. liegen

Anti Pattern

Kein oder mangelhaftes Stakeholder Management

Symptom: Die unterschiedlichen Interessensgruppen, welche direkt oder indirekt von einem Projekt betroffen sind, werden nicht berücksichtigt.

Konsequenzen: Stakeholder u.a. Skeptiker sind ein Risiko für das Projekt. Üben diese formalen oder informalen negativen oder positiven Einfluss auf das Projekt aus, kann das Projekt scheitern oder befördert werden.

Lösungsvorschläge: Systematisches Stakeholder Management betreiben, d.h. Stakeholder identifizieren, analysieren, Strategien entwickeln und Maßnahmen planen, Nachhalten. Nicht nur zu Beginn des Projekts sondern als laufende Aufgabe! Alle Betroffene identifizieren und insbesondere Skeptiker an Bord holen. Erstellen eines Kommunikationskonzeptes zur regelmäßigen Information.

Überzogene Erwartungshaltungen

Symptom: Unrealistische Zeitpläne, Budgetrahmen oder Meilensteine werden vom Management gesetzt, bevor eine einigermaßen systematische Planung die Machbarkeit der Forderungen bestätigen kann.

Konsequenzen: Trotz intensiver Bemühungen der Projektleitung werden eine nach der anderen Deadline oder Meilensteine verpasst. Die Projektleitung wird ausgewechselt ohne den erwünschten Erfolg zu erzielen. Unzufriedenheit und Frustration macht sich bei allen breit. Das Projekt kommt immer mehr unter Druck und gerät in Schieflage.

Lösungsvorschläge: Bevor Projektumfangs-, Termin-, Kosten- oder Risikoaussagen getroffen und kommuniziert werden, sollte eine kleine Machbarkeitsanalyse zusammen mit einem erfahrenen Projektleiter erstellt werden.  Dabei sollten Puffer sowohl im Zeitplan als auch im Budget einplant werden.

Anforderungen und Projektziele sind unklar

Symptom: Die Ziele eines Projekts sind allen Beteiligten nicht klar oder viele haben unterschiedliche Vorstellungen von dem zu erreichenden Projektergebnis.

Konsequenzen: Die Beteiligten benennen unterschiedliche Ziele oder äußern unterschiedliche Erwartungshaltungen. Eine Orientierung und Richtung für das Projekt fehlen. Die Zielsetzung wechselt dadurch häufig. Daraus resultieren wechselnde Anforderungen. Die Planung muss ständig angepasst werden. Das Projekt schlingert vor sich hin und gerät in Schieflage. Demotivation und Frustration macht sich breit.

Lösungsvorschläge: Projektvision mit den relevanten Stakeholdern in einem Workshop erstellen und verabschieden. Daraus abgeleitet Projektziele eindeutig und SMART (Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch, Terminiert) formulieren und allen Beteiligten bekannt machen. Änderungen daran nur vornehmen, wenn es wirklich erforderlich ist. Dann aber mit allen Stakeholdern verbindlich abstimmen. Auswirkungen auf Zeitplan, Budget und Risiken transparent darstellen. Sind die Ziele klar Anforderungen ableiten und abstimmen.

Projekt ohne Projektauftrag starten

Symptom: Das Projekt wird ohne einen Projektauftrag gestartet. Was der Zweck und die Ziele des Projekts sind, welche wirtschaftliche oder rechtliche Rechtfertigung das Projekt hat (Business Case), wer als autorisierter Projektleiter mit welchen Kompetenzen eingesetzt ist, wie der Projektumfang abgegrenzt ist, wie der ungefähre Zeit- und Budgetrahmen aussieht, wie sich das Team zusammensetzt, was die initialen Risikofaktoren sind und welche kritischen Erfolgsfaktoren gegeben sind, bleibt unklar. Leider manchmal auch dem Projektleiter.

Konsequenzen: Es fehlt an einem verbindlichen Dokument in der die Geschäftsleitung oder der Projektsponsor wichtige Eckpunkte, Rahmen- und Umfeldbedingungen für das Projekt zusagt und regelt, einen Projektleiter benennt und diesen entsprechend autorisiert sowie Finanzmittel und Personal bereitstellt.

Lösungsvorschläge: Kein Projekt ohne verbindlichen Projektauftrag! Ein Projektleiter sollte immer darauf drängen eine solche klare Vereinbarung zu erhalten. Was genau darin enthalten sein soll findet sich u.a. bei Projektmagazin.de „Das wichtigste Dokument im Projekt - Der Projektauftrag – das muss drinstehen!“ . Ein eindeutiger Projektauftrag vermindert Reibungsverluste in der Zusammenarbeit mit allen Beteiligten.

Projektleiter ohne Erfahrung und Kompetenzen mit dem Projekt betreuen

Symptom: Es wird ein Projektleiter gebraucht. Man schaut wer gerade Zeit hat und überträgt der Person das Projekt ohne auf Erfahrung und Kompetenzen zu achten.

Konsequenzen: Der Projektleiter ist überfordert. Frustration macht sich breit, die auch auf das Team übergreift. Der Projektleiter geht in die innere Kündigung oder verlässt das Projekt. Hohe Personalfluktuation greift um sich. Das Projekt gerät in Verzug, in Schieflage oder erreicht seine Ziele nicht. Finanzmittel und wertvolle Personalkapazität werden verbrannt.

Lösungsvorschläge: Gezielte Auswahl für einen Projektleiter treffen. Wenn das nicht geht, einen internen oder externen Coach zur Unterstützung und Entwicklung des Projektleiters zeitweise engagieren. Zusätzlich den Projektleiter weiter ausbilden und interne Gruppen zum Erfahrungsaustausch mit anderen Projektleitern organisieren.

Ohne Planung arbeiten

Symptom: Es herrscht die Auffassung, dass Planung keine so große Bedeutung hat, aufwändig ist und unnötig Geld kostet. Man bekommt das schon irgendwie hin. Durchwursteln ist angesagt.

Konsequenzen: Planloses Arbeiten führt ins Chaos und fährt das Projekt todsicher an die Wand.

Lösungsvorschläge: Ein Vorgehensmodell (u.a. mit Phasen, Meilensteinen, strukturierte Aufwandsschätzungen, Personaleinsatzplanungen, etc.), Projektstrukturen (u.a. Organisation, Team, etc.) und Maßnahmen zum Controlling des Projekts sind entscheidend für den Erfolg. Siehe hierzu auch Projekt Methodiken.

Keine Projektmethodik haben

Symptom: Eng verwandt mit „Ohne Planung arbeiten“. Es gibt keine im Unternehmen verabschiedete Methodik wie Projekte abzuwickeln sind.

Konsequenzen: Jeder Projektleiter plant, steuert und managt sein Projekt nach seinen individuellen Erfahrungen und Vorstellungen. Auskünfte zum Stand eines Projekts können häufig nur wenig belast- und nachprüfbar erteilt werden. Mangelnde Transparenz führt zu großen Unsicherheiten bei allen Beteiligten, Befürchtungen und Konflikten bei vielen Stakeholdern. Es entstehen hohe Reibungsverluste, die Zeit und Geld kosten und das Projekt in Schieflage bringen können.

Lösungsvorschläge: Es gibt eine Vielzahl guter Projekt Methodiken, die ein systematisches Projektvorgehen bieten. Im klassischen Projektmanagementbereich sind das u.a. der PMBOK®-Guide des PMI (Project Management Institute), Prince2 oder die Individual Competence Baseline (ICB 4) der IPMA (International Project Management Association). Im agilen Bereich finden sich u.a. Scrum und Kanban. Gegebenenfalls ist die Projektmethodik entsprechend der herrschenden Unternehmenskultur, der Größe des Projekts und den Umfeld-/Rahmenbedingungen auszuwählen.

Death by Planning/Analysis

Symptom: Die Projektleitung und das Team führen eine überzogene, perfektionierte Analyse der Anforderungen und Planung bis ins kleinste Detail durch.

Konsequenzen: Es wird viel Zeit, Personalkapazität und Finanzmittel in diese Aktivitäten investiert. Das Projekt kommt nicht vom Fleck oder die Rahmenbedingungen haben sich zwischenzeitlich so geändert, dass die Analyse nicht mehr genau passt. Unmut bei allen Beteiligten macht sich breit.

Lösungsvorschläge: Die Analyse- und Planungsaufgaben müssen mit Augenmaß vorgenommen werden. Es ist zu Beginn eines Projektes ohnehin nicht möglich alle Eventualitäten vorauszudenken und zu berücksichtigen. Je weiter das Projekt sich entwickelt hat, sowohl zeitlich als auch inhaltlich, desto besser wird die gesamte Projektmaterie verstanden (Progressive Elaboration).

Micro-Management am Projektleiter vorbei

Symptom: In der Hierarchie höherstehende Manager regieren am Projektleiter vorbei in das Team hinein. Ziele, Prozesse, Budgets und Pläne werden häufig über den Haufen geworfen. Die Autorität des Projektmanagers wird dadurch untergraben.

Konsequenzen: Das Team nimmt den Projektleiter nicht mehr ernst. Anweisungen und Ansagen des Projektleiters werden ignoriert. Der Projektleiter geht in die innere Kündigung oder verlässt das Projekt. Das Projekt gerät in Schieflage oder erreicht seine Ziele nicht.  

Lösungsvorschläge: Manager müssen ihr Führungsverständnis und ihren Führungsstil überprüfen. Der Projektleiter muss das Vertrauen des Managements haben und weitgehend frei entscheiden können. Durchgriffe auf das Team am Projektleiter vorbei müssen unterbleiben. Entscheidungen sind vorab mit dem Projektleiter zu diskutieren und an ihn zur Umsetzung zu delegieren.

Projekt im Verzug – Abhilfe durch zusätzliche Teammitglieder

Symptom: Projekt befindet sich im Verzug. Mehr Mitarbeiter sollen das Problem lösen.

Konsequenzen: Wenig fokussiert zusätzliche Mitarbeiter in ein laufendes, verspätetes Projekt aufzunehmen verzögert das Projekt weiter! Die Einarbeitung zusätzlicher Teammitglieder kostet wichtige Arbeitskapazität des produktiv arbeitenden Teams.

Lösungsvorschläge: Ursachenanalyse (Root-Cause-Analysis) betreiben und herausfinden welche Probleme den Verzug verursachen. Probleme priorisieren und Maßnahmen entwickeln. Problemsituation mit dem Management und ggf. mit weiteren wichtigen Stakeholdern diskutieren und einer Lösung zuführen. Dazu können u.a. Co-Location (zusammenlegen von verteilten Teams in ein Gebäude/Raum) gehören. Ggf. sehr gezielt und nur temporär Experten (interne/externe) zur Lösung akuter Probleme einsetzen. Probleme effizient lösen mit dem A3-Report

Projekt im Verzug – Mehr Meetings zur Problemlösung sollen helfen

Symptom: Projekt befindet sich im Verzug. Mehr Meetings sollen das Problem lösen helfen.

Konsequenzen: In dieser Situation sind weitere Meetings kontraproduktiv, da zusätzliche Meetings wertvolle Arbeitskapazität des produktiv arbeitenden Teams kosten und Zeit verschwenden. Oftmals dauern die Meetings zu lang, finden zu oft statt oder es sitzen Team-Mitglieder darin, die nichts zur Problematik beitragen können. Der Arbeitsdruck steigt, die Unzufriedenheit im Team wächst, Konflikte brechen auf. Das Projekt gerät noch mehr in Verzug.

Lösungsvorschläge: Ursachenanalyse (Root-Cause-Analysis) betreiben und herausfinden welche Probleme genau den Verzug verursachen. Probleme priorisieren und Maßnahmen entwickeln. Problemsituation mit dem Management und ggf. mit weiteren wichtigen Stakeholdern diskutieren und einer Lösung zuführen. Ggf. gezielt und nur temporär Experten (interne/externe) einsetzen und Meetings auf das wirklich erforderliche Maß reduzieren. Collaboration Tools nutzen, um wichtige Informationen an die Team-Mitglieder zu bringen. In Meetings nur Teilnehmer einladen, die auch wirklich einen Beitrag leisten können und Meetings auf die Entscheidungsfindung, Aufgabenverteilung und Prioritätensetzung beschränken.

Unzureichende Qualifikation der Teammitglieder

Symptom: Team-Mitglieder werden nicht nach dem erforderlichen Skill- und Kompetenzprofil und Erfahrungen für die Projektaufgabe ausgewählt, sondern danach wer gerade Zeit hat und verfügbar ist.

Konsequenzen: Wichtige Kompetenzen und Erfahrungen fehlen für das Projekt. Wissen und Kompetenzen müssen über die Einarbeitung erst mühsam aufgebaut werden. Das Projekt dauert länger, kostet mehr und die Qualität des Projektergebnisses kann erheblich leiden.

Lösungsvorschläge: Je nach Bedeutung des Projekts für das Unternehmen kann es Sinn machen zeitweise und fokussiert externe Experten, sofern keine internen verfügbar sind, in die Teams mit aufzunehmen.

Zugesagte Mitarbeiter aus der Fachabteilung vom Projekt abziehen aufgrund Prioritätenänderung im Tagesgeschäft

Symptom: Von der Fachabteilung einmal für das Projekt zugesagte und abgestellte Mitarbeiter werden aufgrund geänderter Prioritätenlage der Fachabteilung wieder abgezogen oder deren Arbeitskapazität für das Projekt beschnitten.

Konsequenzen: Wichtige Arbeitskapazitäten, Wissen und Erfahrungen fehlen plötzlich im Projekt. Bestenfalls sinkt die Produktivität, im schlimmsten Fall gerät das Projekt in Schieflage oder scheitert, da wesentliches Wissen, z.B. aus der Fachabteilung fehlt.

Lösungsvorschläge: Mit den Managern der Fachabteilung das Gespräch suchen. Transparent machen welche Auswirkungen ein Abzug oder eine Beschneidung der Arbeitskapazität der abgestellten Mitarbeiter auf das Projekt hat. Kommt keine Einigung zustande sollte im Eskalationsgang eine Entscheidung zwischen den Führungskräften der Fachabteilungen und dem Projektsponsor erwirkt werden. An dieser Stelle hat der Projektleiter keinen Einfluss mehr, da nun die Prioritäten vom Management gesetzt werden müssen.

Mitarbeiter dauerhaft überlasten

Symptom: Aufgrund überzogener Erwartungshaltungen des Managements, Führungsdefiziten, Projektmanagementfehler, Überforderung etc. werden Team-Mitglieder permanent überlastet.

Konsequenzen: Eine zeitweise Spitzenbelastung von Teams ist in der Projektarbeit normal. Permanente Überlastungen führen zu Teams, die ständig am Limit fahren und zu Produktivitätsverlust. Daraus resultieren nach einer gewissen Zeit vermehrt ansteigende Abwesenheitszeiten (u.a. Krankmeldungen), hohe Personalfluktuation im Team (Mitglieder verlassen das Projektteam), steigende Fehlerquoten, innere Kündigung und Dienst nach Vorschrift bei Teammitgliedern und hohe Demotivation bei allen Teammitgliedern. Das Projekt gerät in Schieflage oder das Projekt scheitert. Konflikte brechen auf.

Lösungsvorschläge: Team-Mitglieder sind keine Roboter. Die permanenten Überlastungen haben einen Grund. Es gilt die Gründe dafür herauszufinden und Vorschläge dagegen zu entwickeln. Stärken und Schwächen einzelner Teammitglieder sind zu beachten. Entsprechend sollte eine sinnvolle und ausgeglichene Verteilung der Aufgaben angestrebt werden.

Know-how-Konzentration auf einen Mitarbeiter

Symptom: Ein einzelnes Teammitglied ist alleiniger Wissensträger für ein bestimmtes erfolgskritisches Know-how-gebiet, Werkzeug oder Anwendung in einem Projekt.

Konsequenzen: Fällt dieses Teammitglied aus oder verlässt das Projekt ist auch das Know-how weg. Projektverzug, Projekt in Schieflage bis zum Totalausfall können die Folgen sein.

Lösungsvorschläge: Monopolisierung von Informationen und Wissen nicht zulassen. Explizit darauf achten, dass Informationen und Wissen im Team geteilt werden. Dazu können Jobrotation im Team soweit möglich, Teambuilding-Maßnahmen und regelmäßiger Informationsaustausch im Team (z.B. über Workshops, Collaboration-Tools, etc.) beitragen.

Corncob – Auf Quertreiber im Projekt nicht eingehen

Symptom: Hier geht es um den Umgang mit schwierigen Teammitgliedern im Projekt, sogenannte Corncobs. Corncobs sind Teammitglieder, welche andere Teammitglieder von ihrer Arbeit abhalten und eine negative Stimmung im Projekt verbreiten. Dauerhaftes nörgeln und permanentes, ungerechtfertigtes kritisieren des Projektgeschehens gehören zu ihren Merkmalen.

Die Gründe dafür liegen in der Persönlichkeit dieser Teammitglieder. Ihre Einstellungen werden von mangelnder Motivation, fehlenden finanziellen Anreizen oder unzureichender Aufmerksamkeit die ihnen vermeintlich entgegengebracht wird, gespeist.

Konsequenzen: Die Produktivität im Team sinkt. Eine negative Stimmung verbreitet sich im Team,  kann zur Demotivation weiterer Teammitglieder und zur Konfliktentstehung/Reibungsverlusten im Team führen.

Lösungsvorschläge: Der Projektleiter sollte ein persönliches Gespräch mit diesen Teammitgliedern suchen und deren destruktives Verhalten offen ansprechen sowie deren Feedback/Perspektiven auf das Projekt einholen/analysieren. Gelingt es nicht eine nachhaltige Verhaltensänderung bei diesen Teammitgliedern zu erreichen, muss ein Entfernen aus dem Team erwogen werden. Als Projektleiter ist man jedoch häufig nur laterale (keine Weisungsbefugnis) Führungskraft ohne disziplinarischen Durchgriff. Daher ist das Gespräch mit dem Management und ggf. mit der Personalabteilung vor einem solchen Eingriff zu suchen.

Teambuilding vernachlässigen

Symptom: Es bilden sich einzelne Grüppchen im Projektteam. Einzelne Teammitglieder arbeiten vor sich hin. Es gibt kaum einen Austausch oder konstruktive Diskussionen zwischen den Teammitgliedern. Manche treten in Konkurrenz zu anderen und halten Informationen gezielt zurück, um ihren Wissensvorsprung zu sichern.

Konsequenzen: Doppelarbeiten werden durchgeführt. Wissensvorsprünge werden gepflegt und instrumentalisiert. Wechselseitig wird die Verantwortung für schlechte Leistungen und Probleme von den Grüppchen hin und her geschoben und Beschuldigungen ausgesprochen. Die entstehenden Reibungsverluste und Konflikte reduzieren die Produktivität und ruinieren das Klima im Projekt.

Lösungsvorschläge: Erfolgreiche Projektarbeit ist nur durch Team-Arbeit möglich. Jetzt ist Führung durch den Projektleiter gefragt. Er muss die verhärteten Strukturen aufbrechen und alle Team-Mitglieder in Entscheidungen einbinden. Es stehen unterschiedliche Möglichkeiten für das Teambuilding zur Verfügung. Ein Workshop in dem ein Teamvertrag zwischen den Teammitgliedern geschlossen wird, der Gruppenregeln und Selbstverpflichtungserklärungen enthält kann eine Maßnahme sein. Aber auch externe Veranstaltungen zum Teambuilding können helfen Vorurteile, Konkurrenzdenken abzubauen und Respekt und Wertschätzung untereinander aufzubauen.

Scope creep nicht beachten

Symptom: Der ursprünglich einmal vereinbarte Projektumfang, der als Basis für die Projektplanung herangezogen wurde, wird schrittweise durch den Kunden, Anwender, Management, etc. ausgeweitet. Zusätzliche Funktionalitäten oder Eigenschaften sollen mit in das Projekt aufgenommen werden. All dies soll zum ursprünglich vereinbarten Zeitplan und Projektbudget abgewickelt werden.

Konsequenzen: Das Projekt gerät in Verzug, in Schieflage und überzieht das Projektbudget. Je später neue Anforderungen in das Projekt eingebracht werden, desto höher Aufwand, Zeitbedarf und Kosten. Konflikte entstehen.

Lösungsvorschläge: Systematischen Change-Prozess etablieren. Anforderungen werden dabei aufgenommen, hinsichtlich zeitlicher, finanzieller, risikobezogener Auswirkungen bewertet und zur schriftlichen Genehmigung durch den Anforderer vorgelegt. Oftmals werden dann die Anforderungen schnell wieder zurückgezogen, sofern nicht wirklich unverzichtbar.

Gold plating zulassen

Symptom: Technikverliebte Teammitglieder, Entwickler, Designer, Anwender oder Kunden etc. möchten eine 150%-Lösung entwickeln oder gestalten. Es werden aufwändige Lösungen für wenig gebrauchte Funktionalität geschaffen, unnötig teure oder überdimensionierte HW, SW bzw. Dienstleistungen eingesetzt.

Konsequenzen: Das Projekt kommt nicht vom Fleck. Zeitlicher Verzug des Projekts. Massive Überziehung des Projektbudgets, schlechter oder gar negativer Projekt-RoI (Return on Invest), Konflikte mit dem Management.

Lösungsvorschläge: Controlling mit passenden KPIs aufsetzen, Regelmäßige Reviews durchführen, Business Case regelmäßig überprüfen, Hinterfragen von Sachverhalten, Architekturen und Maßnahmen durch ein technisch kompetentes Management

Fehlendes Commitment und fehlende Unterstützung durch das Management

Symptom: Projektleiter sind auf die Unterstützung des Managements dringend angewiesen. Umso demotivierender ist die Erfahrung von Projektleitern, wenn Führungskräfte nicht zu vereinbarten Meetings erscheinen, Desinteresse zeigen, Eskalationen und Probleme ignorieren oder nur sehr schwer zu erreichen sind. 

Konsequenzen: Die Frustrationsschwelle eines Projektleiters ist rasch erreicht, wenn er sich so ignoriert und vernachlässigt fühlt. Das Vertrauen in das Management schwindet. Demotivation macht sich breit, die auch vom Team wahrgenommen wird. Die Projektperformance sinkt. Das Projekt gerät in eine Schieflage. Das Projekt verschleißt mehrere Projektleiter.

Lösungsvorschläge: Die Bedeutung des Managements für den Projekterfolg ist unbestritten. In der Regel generiert jedes Projekt ein gewisses Maß an Veränderung. Veränderungen erzeugen Ängste und Unsicherheiten, die in Widerstände resultieren können. Das Commitment des Managements ist umso wichtiger, je komplexer ein Projekt ist und je mehr Widerstände zu erwarten sind. Es braucht daher im Management jemanden, der das Projekt wirklich will und der von der Bedeutung des Projektes überzeugt ist (Projektsponsor). Diese Person(en) müssen willens sein, das Projekt während der gesamten Laufzeit auch aktiv zu begleiten und zu unterstützen, u.a. durch Überzeugungsarbeit gegenüber wichtigen Stakeholdern oder der Rückenstärkung des Projektleiters. Hier ist zu prüfen, ob es im Management dafür Unterstützung gibt oder nicht. Fehlt eine solche Unterstützung/Projekt-begleitung sollte auf die Durchführung komplexer Projekte verzichtet werden. Aber auch durch ein transparentes Monitoring und aussagekräftige Statusberichte, rechtzeitige und offene/aufrichtige Kommunikation sowie Risikowarnungen kann versucht werden das Management zu mobilisieren.

Politik, Bereichsegoismen und Kompetenzgerangel

Symptom: Politische Intrigen, fachbereichsübergreifendes Kompetenzgerangel und Bereichsegoismen behindern den Projektfortschritt. 

Konsequenzen: Das Projekt läuft zäh und gerät in Verzug. Entscheidungen werden verschleppt. Konflikte werden offen oder verdeckt ausgetragen. Gegenseitige Schuldzuweisungen für die schlechte Projektperformance werden vorgenommen. Die Fronten verhärten sich. Das Projekt gerät gänzlich in Schieflage oder die Ziele werden nicht erreicht.

Lösungsvorschläge: Ein aktives und systematisches Stakeholdermanagement etablieren. Die unterschiedlichen Player und ihre Rolle identifizieren, einordnen und managen. Mit Hilfe von Workshops eine übergeordnete Vision entwickeln (Sinnbildung), die jeden Stakeholder mitnimmt. Die Bedeutung des Projekts für den Erfolg im Unternehmen darstellen und gemeinsam aus der Vision die konkreten Ziele ableiten (Nach dem SMART-Prinzip Specific-Measurable-Achievable-Realistic-Timely).

Keine oder unzureichende Kommunikation

Symptom: Über das Projekt wird nur unregelmäßig und oberflächlich informiert. Der genaue Projektverlauf ist intransparent. Über Zwischenergebnisse wird nicht berichtet. Die Gerüchteküche brodelt.

Konsequenzen: Gerade bei Change-, Kostensenkungs- oder Reorganisationsprojekten erwachsen aus mangelhafter Kommunikation Unklarheiten, Unsicherheiten, Ängste und Befürchtungen und daraus resultierend Misstrauen, Ablehnung, offener oder verdeckter Widerstand, Konflikte und Reibungsverluste. Nicht wenige Projekte sind daran gescheitert.

Lösungsvorschläge: Viele Projektmanagement-Studien zeigen den Stellenwert von Projektkommunikation immer deutlicher auf.  Dabei belegen schlechte Kommunikation in und von Projekten nach wie vor einen der ersten Plätze bei den Ursachen für das Scheitern von Projekten.

Ein zielgruppenorientiertes Kommunikationskonzept sollte erstellt werden, das maßvoll regelt wer, wann, welche Information in welcher Form (u.a. Newsletter, Dialogforen, Feedbackrunden, Intranet-Mitteilungen, E-Mails, Videos, Frequently asked Questions, Chats, Quizze, etc.) und über welchem Kanal (Intranet, Mitarbeiterzeitung, Workshops, Meetings, Panel-Diskussionen, soziale Medien, etc.) verteilt werden. Je nach Projektgröße sollte ein Teammitglied damit ständig betreut werden. Ziel ist die Vernetzung, Abstimmung, Koordination, der Dialog mit den Stakeholdern zur Schaffung von Vertrauen und Unterstützung. Kommunikation ist erfolgskritisch. Entscheidend für den Erfolg von Projekten ist die Transparenz des Projektverlaufs, eine offene und ehrliche Kommunikation und eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit/Vermarktung des Projekts.

Lessons learned vernachlässigen

Symptom: Nach dem Projekt ist vor dem Projekt. Im nächsten Projekt werden die gleichen oder ähnliche Fehler gemacht wie im vergangenen.

Konsequenzen: Während eines Projektes läuft nie alles glatt. Fehler machen ist nichts ungewöhnliches, nichts daraus zu lernen und die gleichen Fehler immer wieder zu machen kostet Zeit, Finanzmittel, Aufwand und Energie, führt zu Reibungs-/Motivationsverlusten und Konflikten die vermeidbar sind.

Lösungsvorschläge: Nach dem Ende des Projekts sollte eine mehrstündige Analyse des Projektgeschehens durchgeführt werden. Besser noch in regelmäßigen Abständen (z.B. nach jedem Phasenende) sollten lessons learned Workshops durchgeführt werden. Ständiges Lernen versetzen die Teams und die Teammitglieder in die Lage, Einsichten zu gewinnen und die Fehler der Vergangenheit in der Zukunft zu vermeiden.

Ohne belastbare Erfolgs Metriken arbeiten

Symptom: Regelmäßig versendet der Projektleiter einen Statusbericht mit Ampelstatus. Häufig ist der Ampelstatus zunächst grün, wechselt dann kurzfristig auf gelb und dann auf Rot. Viel wird schriftlich zusammengefasst und dargestellt. Nur wie der wahre Projektstatus mit seiner aktuellen Situation und seinen Entwicklungen kompakt und belastbar aussieht, erschließt sich aus dem Bericht häufig nicht.

Konsequenzen: Ohne eindeutige und korrekte Kennzahlen über die Projektperformance ist eine Projektsteuerung und ein seriöses Treffen von Entscheidungen kaum möglich. Kennzahlen sind ein nützliches Instrument zur Planung und Steuerung und sollten dort ihren Einsatz finden, wo wichtige Entscheidungen getroffen werden. Dahinter steckt der Wunsch nach dem Verständnis der aktuellen Entwicklung des Projektgeschehens anhand von Key Performance Indikatoren und die Möglichkeit der rechtzeitigen Steuerung und des Eingriffs.

Lösungsvorschläge: Die richtigen Key Performance Indikatoren - KPIs auswählen. Auf wenige, dafür aber aussagkräftige Indikatoren setzen. KPIs selektiv nach Abnehmergruppen auswählen.

Abnehmer Management: Ist interessiert an Steuerungsmöglichkeiten, Risikoreduzierung und Sicherstellung / Maximierung ROI.

Abnehmer Projektmanagement: Ist interessiert u.a. an einer präzisen Vorhersage und Steuerung des Projektumfangs, der Ressourcen, des Budgets, der Termine und an der Kommunikation dieser Fakten an das Management.

Abnehmer Kunden/Anwender: Sind interessiert an on-time Lieferung von Produkten hoher Qualität, an der Reduktion des Total Cost of Ownership und der Realisierung des Nutzens aus den Projektergebnissen.

Siehe hierzu auch Kennzahlen und Kennzahlensysteme in der Projektarbeit und Werttreiberorientierte Leistungssteuerung von Programmen und Projekten mit Hilfe von Key Performance Indikatoren KPI

Fazit

Anti Patterns im Projektmanagement gibt es vielzählige. Obgleich es an Empfehlungen, Trainings und Informationen rund um das Projektmanagement und an Projektmethoden kein Mangel gibt, begegnen einem in der Praxis immer wieder die gleichen Probleme.

Die oben beschriebenen Anti Patterns und Lösungsvorschläge erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Der eine oder andere Leser wird hier sicherlich noch einige weitere Anti Patterns aus seiner Praxis ergänzen können.

Wenn die Beschreibung der Anti Patterns mit seinen Symptomen, Konsequenzen und Lösungsvorschlägen dazu beiträgt bestimmte Muster von Lösungen wie man es nicht machen soll zu vermeiden oder Abhilfe aufzeigt, dann hat die Zusammenstellung schon ihren Zweck erfüllt.

 

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