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Führungsmodelle im Projektmanagement – klassisch und agil

An Führungsmodellen, -konzepten und -stilen herrscht in der Literatur wahrlich kein Mangel. Führungsmodelle beschreiben und erklären das Führungshandeln im Projekt und im Unternehmen. Im Projekt hat Führung die Funktion und Zielsetzung die Projektziele zu erreichen. Die Führungsrolle wird in Projekten dem Projektleiter übertragen. Dabei hat der Projektleiter häufig nicht die disziplinarischen Kompetenzen und Weisungsbefugnisse wie die einer Führungskraft in der hierarchischen Linie (u.a. die Führungsinstrumente wie Abmahnung, Verwarnung, Gehaltserhöhung, Beförderung und Kündigung etc).

Damit ist er in einer lateralen Führungsrolle, dem Führungskonzept Führen ohne Weisungsbefugnis. Dabei sind andere Wege und Führungsinstrumente der Beeinflussung, Motivation und Koordination gefordert. Führung steht jedoch auch immer im Kontext der jeweiligen Unternehmenskultur.

Agile Leadership befasst sich mit Führung im agilen Umfeld. Hier braucht es ein neues Führungsverständnis und eine neue Führungshaltung.

Was ist Führung

Führung ist die Beeinflussung und zielgerichtete Einwirkung auf Einstellungen, menschliche Verhaltensweisen und deren Handeln mittels geeigneter Führungstechniken zum Erreichen von Zielen. Dabei gilt es Menschen für gesetzte Ziele zu motivieren, um den gemeinsamen Erfolg zu erreichen.

Führung und Leadership

Häufig finden sich in der Praxis bei vielen Differenzierungsschwierigkeiten bei den Begriffen Manager und Leader. Auch ein fachlicher Experte kann aufgrund seiner Akzeptanz und Anerkennung Führung über die Sachinhalte übernehmen.

Manager, Experten und Leader sind Führungstypen, die sich jedoch in ihren Ausprägungen hinsichtlich Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmalen unterscheiden.

Einstellungen, Denken und Handeln sind bei jedem unterschiedlich und jede Person hat seine individuellen Schwerpunkte. Dennoch können das eigene Kompetenz- und Handlungsspektrum durch geeignete Trainingsmaßnahmen erweitert werden.

Fhrung managerexpertleader

Führungsmodelle

Um nur einige zu nennen, ohne darauf näher einzugehen, die im allgemeinen Management noch heute eine relevante Rolle spielen

  • Harzburger Führungsmodell, 1956, Kernpunkt: Delegation von Verantwortung
  • Gruppenkonzept von Likert, 1961, Kernpunkt: Jeder Mitarbeiter arbeitet in zwei Gruppen mit, einmal als Moderator, einmal als Teilnehmer
  • Gallener Führungsmodell, Anfang 1970, Kernpunkt: Integration von Unternehmensführungs- und Personalführungsaspekten

Führung im klassischen Projektmanagement

Die Führung in einem klassischen Projekt orientiert sich an den Führungsaufgaben des Projektleiters, u.a.

  • Planen und budgetieren
  • Organisieren und das Personal managen
  • Monitoring, überwachen, kontrollieren und bewerten
  • Probleme lösen
  • Qualität und Prozesse sichern
  • Klare Kommunikation von Strategien und Zielen
  • Arbeitsaufträge erteilen
  • Team motivieren
  • Konflikte lösen, Konflikte managen (gegenüber der Linie wegen Ressourcen, innerhalb des Teams, etc)
  • Mitarbeiterbezogene Probleme lösen
  • Feedback geben, Mitarbeiter loben aber auch konstruktive Kritik üben
  • Projektteam entwickeln
  • Entscheidungsprozesse moderieren – Entscheidungen treffen
  • Stakeholder begeistern und einnehmen
  • Verhandeln, moderieren
  • Durchsetzen
  • Steuern

Projektführung - Spannungsfelder im Projekt

Für den Projektleiter bedeutet Führung im Projekt häufig:

  • Keine Weisungsbefugnis im Sinne disziplinarischer Kompetenzen
  • Projektsteuerung vor dem Hintergrund knapper zeitlicher und personeller Ressourcen
  • Ressourcenkonflikte mit der Linie bezüglich der Priorisierung von Projekt- und Linienaufgaben
  • Jedes Projekt hat neue Herausforderungen. Daher gibt es wenig Standardisierung, aber hohen Koordinationsaufwand
  • Unvorhergesehene Entwicklungen verursachen ggf. Verzögerungen und Budgetüberschreitungen, die ggf. personell aufgefangen werden müssen
  • Erwartungshaltungen der Stakeholder managen, die sich im Zeitverlauf ändern können

Führungsinstrumente

Während die Führungsaufgaben im Projekt das „Was“ beschreiben, sind Führungsinstrumente jene Mittel und Verfahren die zur Beeinflussung des Mitarbeiterverhaltens eingesetzt werden können. Damit wird die Frage nach dem „Wie“ beeinflusse ich das Mitarbeiterverhalten beantwortet.

In der Literatur sind eine Vielzahl von Instrumenten beschrieben. Im Projektmanagement zählen hierzu u.a.

  • Anweisung
  • Auftrag
  • Vollmachten
  • Zielvereinbarungen
  • Ergebniskontrolle
  • Leistungsbeurteilung
  • Feedback
  • Kritikgespräche
  • Entwicklungsgespräche
  • Personalaustausch
  • Kommunikation

Klassische Führungsstile

Der Führungsstil beschreibt die grundsätzliche Verhaltensweise eines Projektmanagers, die dauerhaft gegenüber den Projektmitarbeitern gezeigt wird.

Hier eine Übersicht zu den Führungsstilen ohne in die einzelnen Vor- und Nachteile einzugehen.

  • Autoritär – Führungskraft entscheidet alleine. Kritik ist nicht erwünscht.

  • Patriarchalisch: Der Projektleiter entscheidet alleine. Dabei versucht er die Projektmitarbeiter von der Richtigkeit seiner Entscheidung zu überzeugen.

  • Beratend: Der Projektleiter entscheidet alleine. Um die Akzeptanz seiner Entscheidung zu erhöhen lässt er Fragen zu seiner Entscheidung zu.

  • Demokratischer, Partizipativer, kooperativer Stil: Innerhalb eines bestimmten Handlungsspielraums kann das Projektteam selbst entscheiden und der Projektleiter verantwortet auch diese Entscheidung. Der kooperative Stil beteiligt das Team in der Meinungs- und Entscheidungsfindung. Die Meinung des Teams wird eingeholt. Entscheidungen werden erst dann gemeinsam mit dem Team getroffen.

  • Laisser faire – Die Teammitglieder bestimmen ihre Arbeit, die Aufgaben und die Organisation selbst. Informationen fließen mehr oder weniger zufällig. Der Projektleiter greift nicht in das Geschehen ein. Dabei hilft oder sanktioniert er auch nicht.

  • Situativ – Der situative Führungsstil geht davon aus, dass es gibt keinen allgemein besten Führungsstil gibt. Auf unterschiedliche Situationen muss individuell reagiert werden. Der Projektleiter geht flexibel auf die jeweils vorliegende Projektsituation und die Fähigkeiten und Entwicklungsstände der Mitarbeiter (Wollen und Können) ein. In Krisen- oder Störungssituationen ist eine klare Führung gefragt, ohne lange Diskussionen. Der situative Führungsstil ist gerade für Projektleiter ein sinnvoller und häufig anzutreffender Führungsstil.

Der Führungsstil muss individuell zur Persönlichkeit eines Projektleiters passen, um authentisch zu bleiben und sollte auf die Erfahrungen der Projektmitarbeiter mit bestimmten Führungsstilen abgestimmt sein.

Laterale Führung – Ein Führungskonzept für die Zukunft

Laterale Führung heißt führen ohne Weisungsbefugnis und disziplinarische Kompetenzen. Ein Konzept, dass vielen Projektleitern bekannt sein dürfte. Hier sind andere Führungsinstrumente gefragt, um die Einstellungen und das Verhalten der Mitarbeiter zielgerecht zu beeinflussen.

Laterale Führung bedeutet dabei Aufbau und Erhaltung von Vertrauen und Verständigung durch Etablierung eines gemeinsamen Denkrahmens, Ausgleich von Interessen, Begegnung auf Augenhöhe, hohe persönliche Autorität und Integrität, Einwirken auf Personen, damit sie in eine bestimmte Richtung handeln, Nutzung informeller Führungsinstrumente (Verändern von Einstellungen, um Verständigung zu erzielen, Individuelle Interessen und Werte klären, Interaktion.

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Führungsinstrumente der Lateralen Führung

Laterale Führung basiert auf dem Zusammenspiel der Handlungsfelder und Einflussmechanismen Vertrauen, Verständigung und Macht.

Verständigung fördern

Individuelle Überzeugungen, Werte, Einstellungen, Haltungen und Denkweisen erkennen und verstehen und ggf. verändern, Gemeinsame Anknüpfungspunkte, Herausforderungen und Werte finden, um Ziele zu erreichen, Vorgehens- und Entscheidungsprozesse klären und individuelle Arbeitsschemata verstehen, Gemeinsame Denkmodelle schaffen

Vertrauen aufbauen

Gemeinsame Regeln definieren und deren Einhaltung kontrollieren: u.a. Offenheit, Verlässlichkeit, Respekt, Wertschätzung etc

Vertrauen schenken – Risiken eingehen und in Vorleistung gehen (Wer vertraut, dem wird vertraut)

Zwänge offenlegen

Offene Kommunikation

Entscheidungen nachvollziehbar machen, Transparenz schaffen, Interaktion, Kollaboration und Austausch fördern, Meinungsbildung durch Dialoge fördern, Feedback geben, Feedback nehmen, moderieren, gemeinsam reflektieren, Konflikte auflösen und vorbeugen durch deeskalierende Gesprächsführung

Macht arrangieren

Macht als positive Einflussgröße kann u.a. aufgrund aus Fachwissen erwachsen, aus der Beherrschung und Kontrolle informeller Kontaktwege oder gutem Networking zum Umfeld und in die Organisation hinein. Ein Fachexperte wird z.B. im Team fast automatisch die inhaltliche Führung in seinem Fachgebiet übernehmen.

Außenperspektive zulassen, Coaching und Beratung in Anspruch nehmen, Reflektieren von Positionen

Austausch und Weitergabe von Wissen und Informationen

Agile Projektabwicklung -Agile Leadership–Management 3.0

Agil sein bedeutet flexibel und dynamisch auf Umfeld- und Rahmenbedingungen reagieren zu können, die ständig im Fluss sind. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung und des disruptiven Wandels gilt Agilität als überlebenswichtig für Unternehmen. Neue Konzepte der Führung müssen her.

Hierarchiedenken, unflexible Führungsrichtlinien, lange Entscheidungswege passen hierzu nicht mehr.

Die Form der Zusammenarbeit in agilen Teams unterscheidet sich sehr deutlich – Während in klassischen Projekten eine starke Steuerung üblich ist, stehen in agilen, iterativ ablaufenden Projekten die Selbstorganisation und Selbstverwaltung der Teams im Vordergrund. Das sind die zentralen Charakteristiken agilen Managements. Selbstführung geht vor Mitarbeiterführung. Dadurch steigen die Mitarbeitermotivation und damit auch die Produktivität immens.

Viele der agilen Rahmenwerke für die Projektabwicklung/Produktentwicklung u.a. Scrum sehen selbstorganisierende, sich selbstverwaltende Teams vor. Doch wie lassen sich konkret solche Teams formen und etablieren. Wie sieht die Transition zu solchen Teams aus. Wie interagieren Führungskräfte/Manager mit solchen Teams? Der Scrum Guide sagt zu diesem Thema nichts aus.

Agile Leadership (Agile Führung) befasst sich mit Führung im agilen Umfeld. Hier braucht es ein neues Führungsverständnis und eine neue Führungshaltung. Führung durch Dienen (Servant Leadership) ist hier das Schlagwort. Führung als Dienst am Geführten, nicht das beherrschende Führen.

Der Begriff Management 3.0 entstand gleichzeitig mit der Veröffentlichung des Buches „Management 3.0“ von Jürgen Appelo in 2010. In seinem Buch stellt Jürgen Appelo das agile Management in den Mittelpunkt. Dieses Thema hat sich seitdem enorm global entwickelt.

Appelo sieht 6 Sichten, die unterschiedliche Aspekte des agilen Managements darstellen.

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Quelle: In Anlehnung an Management 3.0: Die Zukunft des Managements, Boris Steiner, NovaTec GmbH, 4/20161

Interessante Links und Literaturempfehlungen

Literatur

  • Management 3.0, Jürgen Appelo, Addison-Wesley Longman, Amsterdam, Oktober 2017, ISBN-13: 9780321712479

Fazit

In der klassischen Projektwelt ist der situative Führungsstil am besten geeignet. Aufgrund der vielen Unwägbarkeiten in einem Projekt während der Projektlaufzeit macht das flexible Eingehen sowohl auf die jeweilige Projektsituation als auch auf die beteiligten Akteure den meisten Sinn. Einen allgemein gültigen idealen Führungsstil im Projekt gibt es nicht.

Das Führungskonzept „Laterale Führung“ – Führen ohne Weisungsbefugnis bietet vielen Projektleitern neue Wege und Erkenntnisse, wenngleich schon heute viele Projektleiter mit dem Thema Führen ohne Weisungsbefugnis umgehen müssen. Laterale Führung ist daher nicht völlig neu. Die Kenntnis der informellen Führungsinstrumente ist dabei essenziell.

Agile Leadership fordert ein neues Führungsverständnis und -verhalten. Management 3.0 bietet interessante Ansätze, Hilfestellungen und Instrumente in diesem Kontext.

 

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