Projektgröße – Wie definiert sich eigentlich die Größe eines Projekts?
Eine einheitliche Definition oder Maß für die Projektgröße findet sich in den unterschiedlichen Medien nicht. Häufig sind Einteilungen nach klein, mittel und groß in Abhängigkeit des Budgets, Laufzeit und Mitarbeiterzahl genannt. Die Projektkomplexität wird manchmal auch synonym für die Projektgröße gebraucht.
Grundsätzlich sollte die Einschätzung, ob ein Projekt als Klein, Mittel oder Groß einzuordnen ist, immer aus der Perspektive des betreffenden Unternehmens vorgenommen werden!
Ein kleines Projekt eines großen Unternehmens ist gegebenenfalls aus Sicht eines KMU (kleine und mittlere Unternehmen, z.B. ein Ingenieurbüro) ein möglicherweise nicht mehr zu stemmendes Großprojekt.
Grundsätzlich können als Kriterien zur Unterscheidung zwischen verschiedenen Projektgrößen unter anderem verwendet werden:
Kriterienliste
Einflussparameter der Projektgröße |
Bedeutung |
Art/Typ des Projektes/Programms |
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Internes oder externes Projekt |
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Komplexität |
Unter anderem:
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Innovationsgrad |
z.B. Einsatz neu zu entwickelnder Verfahren und Technologien ggf. ohne die Möglichkeit einer Analogiebildung aus ähnlichen Projekten |
Projektkosten |
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Bestimmtheit des Projektergebnisses (Abgrenzung Projekt/Programm) |
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Projektpersonal |
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Dauer des Projekts |
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Aufwand des Projekts |
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Umfang des Projektergebnisses |
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Chancen und Risiken (aus Geschäfts-, Unternehmens-, Bereichssicht) |
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Geschäftskritikalität |
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Vertragsgestaltung |
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Warum ist die Bestimmung der Projektgröße von Bedeutung?
Sieht man sich die oben genannten Kriterien an, dann wird deutlich, dass die Projekteinflussgrößen viele Parameter festlegen, welchen einen großen Impact auf das Unternehmen haben können.
Die Projektgröße spielt damit eine zentrale Rolle in der Entscheidungsfindung, ob eine Organisation das Projekt durchführen sollte/kann oder nicht. Stehen mehrere Projekte zur Auswahl an, bietet sich ein Projektportfolio-Management an.
Dabei spielt nicht nur wie vielleicht häufig vermutet das Projektbudget eine Rolle. Auch und gerade die anderen Bedingungen (siehe Tabelle) sind für die Bemessung der Projektorganisation (Anzahl Projekte, Teilprojekte, Projektleiter, Zusammensetzung und Größe der Steuerungsgremien, Lokationen, Räumlichkeiten) Umfang und Qualität des Personal- und Technologieeinsatzes, Chancen- und Risikoprofil und ggf. Fragen der Fremdfinanzierung des Projektes von Bedeutung.
Mit steigender Größe des Projekts steigt i.d.R. auch der zu treibende Prozessaufwand.
Fehlgeschlagene Projekte oder Projekte in Schieflage haben oftmals eine verheerende Wirkung auf das Image eines Unternehmens (siehe Flughafen BER, Elbphilharmonie, Toll-Collect, Stuttgart21 etc).
Schon manches Unternehmen ist aufgrund eines fehlgeschlagenen Großprojekts insolvent gegangen.
Ob das Projekt noch ein Projekt ist oder schon ein Programm, das nach anderen Managementprinzipien laufen muss, kann hierdurch ebenfalls eingegrenzt werden.
Wie kann man pragmatisch die Projektgröße bestimmen und für die eigene Organisation einordnen?
Viele Kriterien aus der oben stehenden Tabelle stehen untereinander in Beziehung und überlappen sich teilweise. Daher ist eine einfache Einordnung in klein, mittel und hoch manchmal zu unscharf.
In vielen Unternehmen, besonders in Unternehmen, die Auftragsprojekte abwickeln, werden daher häufig Nutzwertanalysen oder Multi-Skalen-Diagramme (u.a. Spinnendiagramme, "Diamant"-Diagramme) eingesetzt, die helfen sollen die Projektgröße einzuordnen, um sie dann für die Entscheidungsfindung zu nutzen.
Voraussetzung ist hier eine klare Vorstellung von den Schwellwerten und Limits, ab dem ein Projekt nicht mehr durchgeführt/genehmigt wird. Auch die Bewertungsverfahren für die Generierung der „Punktzahlen“ zu den einzelnen Kriterien müssen unmissverständlich, dokumentiert und nachvollziehbar sein.
Bewertungsverfahren können dabei unter anderem, je nach Art des Projekts sein:
- Aufwandsschätzung (z.B. Analogieverfahren, Expertenanalyse, für SW-Projekte Lines of Code, Function Point, etc.)
- Ressourcenanalyse (Personalbedarf, Personalverfügbarkeit- und -kapazität, erforderliche Skills, Sachmittelverfügbarkeit, etc.)
- Komplexitätsanalyse – diverse Verfahren, z.T. umfangreiche Berechnungen
- Erste Stakeholderanalyse – Wer ist direkt oder indirekt am Projekt beteiligt/betroffen national/international, unterschiedliche Kulturkreise
- Risikoanalyse, -qualifizierung, -quantifizierung und Maßnahmendefinition aus Geschäftssicht
- Gewichtete Nutzwertanalyse für verschiedene Einschätzungen/Bewertungen einsetzbar
- Erster grober Work Breakdown Structure/Projektstrukturplan – Klärung Projektumfang
- SWOT-Analyse (Strength, Weaknesses, Opportunities, Threads) – Stärken-/Schwächen-/Chancen- und Bedrohungspotenziale – Passt ein solches Projekt überhaupt zu uns? Was passiert wenn wir es nicht durchführen?
- Vertragscheck durch Legal (Rechtsabteilung, Anwalt) – Sehr empfehlenswert - Haftungsrisiken!
- Business Case mit statischen oder dynamischen Investitionsrechnungsverfahren – Wie rechtfertigt sich das Projekt aus wirtschaftlicher Perspektive?
- …weitere
Viele Projekte, häufig interne Projekte, werden sich jedoch relativ pragmatisch ohne großen Aufwand einordnen lassen. Da kann durchaus die Einordnung klein, mittel und hoch passen. Nutzen Sie einfach die obige Kriterienliste als Checkliste und definieren Sie sich eine einfache Matrix passend zu Ihren Projekten und Ihrer Organisation, wie z.B.
Kriterium |
Klein |
Mittel |
Groß |
Komplexität |
Gering |
Mittel |
Hoch |
Aufwand |
<= 1,5 Personenmonate |
>=6 <= 12 Personenmonate |
>12 Personenmonate |
Anzahl Projekt-Mitarbeiter |
2-3 |
>3 < 10 |
> 10 |
Projektbudget |
<=20.000 € |
>=20.000 € <= 100.000 € |
>100.000 € |
Chancen & Risiken |
tbd |
tbd |
tbd |
Dauer |
<=2 Monate |
>= 2 <= 6 Monate |
>= 6 Monate, mehrere Jahre |
….weitere |